Süßstoffe und das Mikrobiom: kein Einfluss auf den Blutzuckerspiegel

Süßstoffe und das Mikrobiom: kein Einfluss auf den Blutzuckerspiegel

Eine Vielzahl klinischer Studien zeigt, dass kalorienfreie Süßungsmittel die Blutzuckerkontrolle nicht beeinträchtigen (2,3,4,5,6.). Zudem haben neuere klinische Humanstudien bewiesen, dass Süßstoffe keine Auswirkungen auf das Mikrobiom haben (9,10,11). Dies deckt sich mit den wissenschaftlichen Stellungnahmen der Zulassungsbehörden weltweit, die wiederholt die Sicherheit aller zugelassenen kalorienfreien Süßungsmittel (12,13,14) bestätigt haben, einschließlich des Aspekts, dass Süßstoffe keine negativen Auswirkungen auf die Darmmikrobiota haben.

 

Süßstoffe beeinflussen nicht den Blutzuckerspiegel

Auch wenn Suez, Elinav et al. zu ihrer neuen unverblindeten randomisierten kontrollierten Studie (1) (RCT) die Schlussfolgerungen präsentieren, dass “Süßstoffe das Mikrobiom des menschlichen Darms so beeinflussen können, dass sich der Blutzuckerspiegel verändert”, werden diese Ergebnisse durch zahlreiche klinische Studien und systematische Übersichten von RCTs (2-6) nicht gestützt. Bereits der Titel der Studie „Personalized microbiome-driven effects of non-nutritive sweetenerson human glucose tolerance“, spiegelt wider, dass sich diese Aussage sicher nicht generalisieren lässt.

Was die Aussagekraft der Studienergebnisse einschränkt, ist das an der Studie ausschließlich gesunde Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 70 Jahren teilnahmen, die zuvor ein halbes Jahr lang keinerlei süßstoffgesüßte Produkte verzehrt hatten. Zudem nahmen zwar insgesamt 120 Personen teil, allerdings nur 20 Probanden pro Gruppe. Die in dieser Studie an gesunden Personen festgestellten Unterschiede im Blutzuckerspiegel können inter- und intraindividuelle Unterschiede in der glykämischen Reaktion auf einen von den Probanden in Eigenregie zu Hause durchgeführten Glukosetoleranztest widerspiegeln. Die Autoren der Studie räumen zudem ein, dass das Plasma-Insulin nicht unter Nüchternbedingungen gemessen wurde und damit die Interpretation der Ergebnisse eingeschränkt sei.

Keine Veränderungen des Darmmikrobioms

Die von den Autoren aufgestellte Hypothese, dass Süßstoffe den menschlichen Stoffwechsel durch eine Veränderung des Darmmikrobioms beeinflussen können, steht im Gegensatz zu einer erst kürzlich durchgeführten Überprüfung der Literatur. Diese kommt zu dem Schluss, dass es eindeutige Belege dafür gibt, dass Veränderungen in der Ernährung, die nicht mit dem Konsum von Süßstoffen zusammenhängen, wahrscheinlich die wichtigsten Determinanten für Veränderungen in der Darmmikrobiota sind (7).

In der Studie von Suez et al. wurde die Ernährung der Teilnehmer zwar über eine App von den Teilnehmern aufgezeichnet, konnte aber naturgemäß nicht vollständig kontrolliert werden. Es wurden daher nur Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die endgültige Analyse einbezogen, die an mindestens 20 Tagen mindestens 1.000 kcal pro Tag aufzeichneten – was sicher weit unter der tatsächlichen Energieaufnahme lag. Daher kann der Einfluss der Nahrungsaufnahme, wie z. B. der Verzehr bestimmter Lebensmittel, die nachweislich zu Veränderungen in der Zusammensetzung der Darmmikrobiota führen (8), nicht ausgeschlossen werden.

Süßstoffe als Teil einer ausgewogenen Ernährung

Süßstoffe bieten eine große Auswahl an süß schmeckenden Optionen mit wenig oder gar keinen Kalorien und können daher, wenn sie anstelle von Zucker und als Teil einer ausgewogenen Ernährung verwendet werden, einen nützlichen Beitrag zur Verringerung der Gesamtzucker- und Kalorienaufnahme sowie zur Steuerung des Blutzuckerspiegels leisten (15) Süßstoffe sind zudem zahnfreundlich, was ihren Einsatz in Bonbons, Lutschern und Kaugummis sinnvoll macht.

Fazit:

Letztlich spiegeln sich die großen individuellen Unterschiede und das komplexe Zusammenspiel vieler Faktoren und Einflussfaktoren auf das Mikrobiom bzw. den Blutzuckerspiegel auch in dieser Studie wider. Einen einzelnen Nahrungsbestandteil – der zudem nur in sehr geringen Mengen aufgenommen wird – wie die Süßstoffe für solch komplexe Zusammenhänge verantwortlich zu machen, erscheint überzogen.

Mehr Informationen zum Thema “Süßstoffe und das Mikrobiom” gibt es in der siebten Folge unseres Podcasts so! was? süßes. mit der Mikrobiom-Expertin Dr. Maike Groeneveld.

Fragen & Antworten

Anja RothÖFFENTLICHKEITSARBEIT DEUTSCHLAND

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Weiterführende Literatur

1. Suez J, Cohen Y, Valdés-Mas R, Mor U, Dori-Bachash M, Federici S, Zmora N, Leshem A, Heinemann M, Linevsky R, Zur M, Brik RBZ, Bukimen A, Eliyahu-Miller S, Metz A, Fischbein R, Shariv O, Malitsky S, Itkin M, Stettner N, Harmelin A, Shapiro H, Stein-Thoeringer CK, Segal E, Elinav. Personalized microbiome-driven effects of non-nutritive sweeteners on human glucose tolerance. Cell 2022. https://doi.org/10.1016/j.cell.2022.07.016

2. Grotz VL, Pi-Sunyer X, Porte D Jr, Roberts A, Richard Trout J. A 12-week randomized clinical trial investigating the potential for sucralose to affect glucose homeostasis. Regul Toxicol Pharmacol. 2017 Aug;88:22-33

3. Nichol AD, Holle MJ, An R. Glycemic impact of non-nutritive sweeteners: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Eur J Clin Nutr. 2018 Jun;72(6):796-804

4. Greyling A, Appleton KM, Raben A, Mela DJ. Acute glycemic and insulinemic effects of low-energy sweeteners: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Am J Clin Nutr. 2020 Oct 1;112(4):1002-1014

5. McGlynn ND, Khan TA, Wang L, Zhang R, Chiavaroli L, Au-Yeung F, Lee JJ, Noronha JC, Comelli EM, Blanco Mejia S, Ahmed A, Malik VS, Hill JO, Leiter LA, Agarwal A, Jeppesen PB, Rahelic D, Kahleová H, Salas-Salvadó J, Kendall CWC, Sievenpiper JL. Association of Low- and No-Calorie Sweetened Beverages as a Replacement for Sugar-Sweetened Beverages With Body Weight and Cardiometabolic Risk: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Network Open 2022 Mar 1;5(3):e222092

6. Rios-Leyvraz M, Montez J (World Health Organization)‎. Health effects of the use of non-sugar sweeteners: a systematic review and meta-analysis. World Health Organization (WHO) 2022. https://apps.who.int/iris/handle/10665/353064. License: CC BY-NC-SA 3.0 IGO

7. Lobach A, Roberts A, Rowland I. Assessing the in vivo data on low/no-calorie sweeteners and the gut microbiota. Food and Chemical Toxicology 2019; 124: 385-399

8. Hughes RL, Davis CD, Lobach A, Holscher HD. An Overview of Current Knowledge of the Gut Microbiota and Low-Calorie Sweeteners. Nutr Today. 2021 May-Jun;56(3):105-113.

9. Thomson P, Santibañez R, Aguirre C, Galgani JE, Garrido D. Short-term impact of sucralose consumption on the metabolic response and gut microbiome of healthy adults. Br J Nutr. 2019 Oct 28;122(8):856-862

10. Ahmad SY, Friel J, Mackay D. The Effects of Non-Nutritive Artificial Sweeteners, Aspartame and Sucralose, on the Gut Microbiome in Healthy Adults: Secondary Outcomes of a Randomized Double-Blinded Crossover Clinical Trial. Nutrients. 2020 Nov 6;12(11):3408

11. EFSA Scientific opinion on the substantiation of health claims related to intense sweeteners. EFSA 2011 Journal 9(6): 2229, and 9(4): 2076 and Commission Regulation 432/2012/EU (OJ L 136 25.5.2012, p. 1)

12. http://www.fao.org/food/food-safety-quality/scientific-advice/jecfa/en/

13. http://www.efsa.europa.eu/en/topics/topic/sweeteners

14. High-Intensity Sweeteners | FDA

15. EFSA Scientific opinion on the substantiation of health claims related to intense sweeteners. EFSA 2011 Journal 9(6): 2229, and 9(4): 2076 and Commission Regulation 432/2012/EU (OJ L 136 25.5.2012, p. 1): http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:136:0001:0040:en:PDF