Geschmäcker sind verschieden
Über die Kampagne
#geschmäckersindverschieden
Ein Plädoyer für die Geschmacksvielfalt, für ein großes Lebensmittelangebot und die freie Wahl der Verbraucher:innen ist unsere Kampagne #geschmäckersindverschieden.
Trotz aller Beteuerungen, dass die Politik keine Ernährungsverbote ausspricht und keine Rezepturvorgaben macht, so gestaltet sie Schritt für Schritt den Rahmen für weniger Vielfalt, ein geringeres Angebot und eine eingeschränkte Auswahl. Der Entwurf für das „Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz“ ist der erste Schritt. Er diskriminiert Lebensmittel mit einem vermeintlich bzw. laut Gesetzesentwurf „vermutlich“ zu hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt und lässt auch keine Reformulierungen zu, die auf kalorienfreie Süßstoffe setzen. Auch die Ernährungsstrategie der Bundesregierung und die Überarbeitung der Reduktionsziele für Zucker, Fett und Salz lässt nichts Gutes erwarten.
Der süße Geschmack ist im Visier: „Weniger süß“ soll alles schmecken – unabhängig vom Kaloriengehalt und ohne belegbare Argumente. In der Kampagne #geschmäckersindverschieden begleiten wir kritisch die aktuelle politische Debatte und diskutieren mit Expert:innen nicht nur über „Geschmacksfragen“.
Süße Geschmacksvielfalt
„Mmmh, lecker“ zeigt an, wenn es schmeckt. Es sind wohlklingende Laute für ein wohliges, aber sehr individuelles Gefühl! Wer kennt die Herausforderung nicht, es allen Geschmäckern recht machen zu wollen. Ein schwieriges Unterfangen – denn Geschmäcker sind verschieden!
Nur Vielfalt schmeckt allen!
Das große Lebensmittelangebot trägt der Vielfalt der Geschmäcker Rechnung. Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei! Die Verbraucher:innen haben die Möglichkeit, aus einem breiten Angebot auszuwählen. Sie kommen also buchstäblich in den Genuss einer großen Auswahl.
Genuss ist gesund
Gut schmecken sollte unser Essen, das sagen 99 Prozent der Befragten im BMEL-Ernährungsreport „Deutschland, wie es isst“. Bei keiner anderen Frage zu ihrer Ernährung sind sich die Deutschen so einig. Und sich Zeit zum Genießen zu nehmen und entspannt zu essen, ist gut für die Gesundheit. Genuss ist kein Synonym für Völlerei!

Ernährungspolitik: Vorgaben statt
Wahlfreiheit?
Unser vielfältiges Lebensmittelangebot steht in der Kritik. Im Rahmen der Ernährungsstrategie werden Anpassungen am Angebot diskutiert. So sollen Lebensmittel gering verarbeitet sein. Ihr Fett-, Zucker- und Salzgehalt soll weiter reduziert werden. Zudem sollen Lebensmittel nachhaltig produziert und pflanzenbasiert, bestenfalls vegetarisch/vegan, sein.
Energiereduktion nicht länger maßgebliches Ziel
Ursprüngliches Ziel der Reduktionsstrategie und der damit verbundenen Reformulierungen war es, den Energiegehalt der Lebensmittel zu reduzieren. Kalorienfreie Süßungsmittel, also Süßstoffe, können nachweislich die Energiedichte sowie den Kohlenhydratgehalt eines Produkts verringern und eine positive Rolle bei der Gewichtsabnahme spielen, dies zeigen viele – hochwertige – Studien.
Aber heute steht die Energiedichte nicht mehr im Fokus, heute geht es um den süßen Geschmack. Eine generelle Reduzierung von Süße wird gefordert.
Reformulierungen nicht erwünscht
Der Entwurf für das „Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz“ beschreibt eine lange Liste an Lebensmitteln, die nicht mehr beworben werden dürfen. Es sollen „Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt“ sein, aber unverständlicherweise fallen auch alle mit Süßstoff gesüßten Lebensmittel und Getränke unter die Regulierung. Auch zuckerfreie Bonbons und Kaugummis werden als für Kinder ungeeignet eingestuft. Es sind also Produkte betroffen, bei denen der Energiegehalt reduziert ist und ein zahnfreundliches Angebot vorliegt. Reformulierungen, wie vom Bundesminister gefordert, schützen also scheinbar nicht vor einer Werberegulierung.
Reglementierung des süßen Geschmacks
„Weniger süß“ soll heute alles schmecken. Vertreter:innen von Politik und Verbraucherschutz fordern Rezepturänderungen, Steuern auf süße Lebensmittel und Süße-Kennzeichnungen – unabhängig vom Energiegehalt der jeweiligen Lebensmittel. Sie argumentieren mit einer „Süßeprägung“, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt.
Reformulierung, Süßprägung und Geschmacksvielfalt – das sagt die Politik:
Reformulierung und Rezeptvorgaben
Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft macht keine Rezepturvorgaben.“
(Bundesminister Cem Özdemir in einem Interview in der Apotheken-Umschau vom 07.03.2023)
„Aus Sicht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wird die schrittweise Reduktion der Zuckergehalte bei gleichzeitiger Reduktion der Gesamtsüße von verarbeiteten Lebensmitteln angestrebt. Dieses Reformulierungsziel unterstützt Verbraucherinnen und Verbraucher am besten dabei, Geschmackspräferenzen zu entwickeln, die eine ausgewogene Ernährung erleichtern.“
(PStS Dr. Ophelia Nick, Antwort auf schriftliche Anfrage von Christina Stumpp, MdB CDU/CSU vom 16.03.2023)
„Der Zuckerersatz kann zum Beispiel [sic!] synthetische oder pflanzliche Süßstoffe (z. B. Stevia) sowie durch Zuckeraustauschstoffe erreicht werden. Alternativen, wie Honig, Agavensaft oder Traubensaftkonzentrat sind hierfür nicht geeignet, da diese zu keiner Reduktion des Gehalts an Zucker (d. h. an Mono- und Disacchariden) führen. Vorteil dieses Ansatzes ist, dass eine stärkere Reduktion des Zuckerkonsums erreicht werden kann als beim Abbau von Zuckerspitzen.“
(Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlicher Verbraucherschutz beim BMEL (WBAE), Gutachten „Politik für eine nachhaltigere Ernährung“ vom Juni 2020)
Süßprägung
„Vor dem Hintergrund einer möglichen Süßprägung […] sollte Zucker in Lebensmitteln, […] nicht durch kalorienfreie Süßungsmittel substituiert werden.“
(PStS Dr. Ophelia Nick, Antwort auf schriftliche Anfrage von Christina Stumpp, MdB CDU/CSU vom 17.03.2023)
„Derzeit ist die Evidenzlage […] nicht ausreichend, um beurteilen zu können, ob die alimentäre Zufuhr von Süßstoffen die Sättigung und den Süßgeschmack im Sinne einer Prägung hinsichtlich einer Süßpräferenz bei Kindern und Jugendlichen wesentlich beeinflussen könnte.“
(Bundesamt für Risikobewertung, Stellungnahme 006/2023 vom 07.01.2023)
Geschmäcker sind verschieden
„Eine Ernährungswende kann auch der Beginn einer neuen Kulinarik sein: mehr Butterbrot und Ofengemüse, statt hochverarbeiteter Produkte mit jahrelanger Haltbarkeit.“
(Renate Künast, MdB Bündnis90/Die Grünen in einer PM vom 06.03.2023)
„Warum nur Butterbrot und Ofengemüse? Die Basis für Kulinarik ist eine große Lebensmittelauswahl! Und Vielfalt schafft auch die Grundlage für eine ausgewogene Ernährung.“
(Anja Roth, Süßstoff-Verband am 07.03.2023)
Süßegewöhnung – das sagt die
Wissenschaft:
Die Theorie zur Süßgewöhnung besagt, dass eine stark gesüßte Ernährung zu einer veränderten Wahrnehmung von süßen Lebensmitteln und zu einer Gewöhnung an den süßen Geschmack bei Kindern führe. Dies könnte wiederum einen übermäßigen Süßekonsum und eine Gewichtszunahme im Erwachsenenalter zur Folge haben.
Die Wissenschaft zeichnet ein anderes Bild: Viele Studien unterstützen diese These dezidiert nicht. Sie zeigen ausdrücklich auf, dass der Konsum von süßen Lebensmitteln und Getränken nicht die Präferenz für Süßes beeinflusst. (1, 2) Auch die Geschmacksexpertin Dr. Kathrin Ohla macht in ihrem Vortrag am Tag der Süße 2021 deutlich, dass es einen solchen Automatismus nicht gebe. Eine Spirale, der wir willenlos ausgesetzt sind und die durch den Konsum von Süßem zu mehr Lust auf Süßes führt, existiere nicht, so Ohla.
Eine aktuelle Arbeit ist der These der Süßgewöhnung nachgegangen. Die Expert:innen der Studie kommen zu dem Schluss, dass aktuell kein Glied der vorgeschlagenen Kausalkette empirisch untermauert werden kann. Bereits die Messung der menschlichen Wahrnehmung von Süße in der gesamten Ernährung sei eine Herausforderung, eine allgemein anerkannte Methodik für die Messung müsse zunächst festgelegt werden. Für evidenzbasierte Schlussfolgerungen, so die Autoren, sei es noch zu früh. Es werden weitere Untersuchungen zu möglichen Auswirkungen einer sogenannten Süßeexposition benötigt. (3)
1) Appleton et al: Sweet taste exposure and the subsequent acceptance and preference for sweet taste in the diet: systematic review of the published literature. Am J Clin Nutr, 2018, 107:405-419.
2) Public Health England 2015. Sugar reduction: the evidence for action. Annexe 5: Food Supply https:// assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/470176/ Annexe_5._Food_Supply.pdf
3) Trumbo et al: Perspective: Measuring Sweetness in Foods, Beverages, and Diets: Toward Understanding the Role of Sweetness in Health, Advances in Nutrition, 2020, 00: 1-12; https://doi.org/10.1093/advances/nmaa151
Fakten zum süßen Geschmack
… auch wenn es allen schmeckt, heißt es nicht, dass sie alle das Gleiche schmecken.
Denn unser Geschmack wird von vielen Faktoren beeinflusst: Zwei wesentliche Faktoren sind unsere persönliche Geschmackspräferenz sowie unsere Sensitivität, also unsere Empfindlichkeit. Hinzu kommen viele weitere Einflussfaktoren: So kann der individuelle Geschmack je nach Situation und persönlicher Tagesform variieren. Auch gelernte Assoziationen spielen eine Rolle bei der Entwicklung unseres Geschmacks.
… eine stark gesüßte Ernährung führt nicht zu einer Gewöhnung an den süßen Geschmack.
Die Süßpräferenz wird nicht durch den Konsum von süßen Lebensmitteln beeinflusst. Das heißt, der Verzehr von Süßem führt nicht zu mehr Lust auf Süßes und zu einem übermäßigen Süßekonsum.
… die Vorliebe für Süßes ist dem Menschen in die Wiege gelegt.
Der Mensch wird mit einer natürlichen Vorliebe für Süßes geboren. Der Grundgeschmack von Fruchtwasser und Muttermilch ist süß. Der süße Geschmack wird als angenehm empfunden und weckt positive Assoziationen. Festgeschrieben ist die angeborene Präferenz nicht. So nimmt sie von der Kindheit über die Jugend bis ins Erwachsenenalter ab. Auch Erfahrungen, wie familiäre und kulturelle Essgewohnheiten, können Geschmacksvorlieben beeinflussen. Im höheren Alter kann die Süßpräferenz, also unsere Vorliebe für den süßen Geschmack, wieder zunehmen.
… nicht nur die Süßpräferenz, auch die Süßempfindlichkeit ist individuell.
Die Süßempfindlichkeit zeigt, wie sensitiv wir sind und ab welcher minimalen Menge wir süß schmecken. Auch hier spielt die Genetik eine Rolle. Unsere Süßrezeptoren sind unterschiedlich ausgeprägt. Nicht alle Menschen schmecken gleich süß. Es gibt keine Messskala wie die „Scoville“-Skala für Schärfe. Und auch die Süßsensibilität verändert sich durch Alter, Erfahrung und Verzehrkontext. So kann z.B. die Farbe eines Produkts einen Einfluss auf die Süßwahrnehmung haben. Süßpräferenz und Süßempfindlichkeit müssen getrennt voneinander betrachtet werden, sie bedingen einander nicht. So ist zum Beispiel die Süßpräferenz bei älteren Menschen nicht durch eine veränderte Süßsensibilität zu erklären.
Fakten-Check
„Es gibt fünf Geschmacksrichtungen“
Richtig: Neben süß, sauer, salzig und bitter gibt es umami. Der Begriff „umami“ ist japanisch und steht für einen herzhaften, würzigen, fleischigen Geschmack.
„An der Zungenspitze schmecken wir süß“
Falsch: Die sogenannte „Zungenlandkarte“ ist längst überholt. Es gibt keine Geschmackszonen auf der Zunge. Die Geschmacksrezeptoren sitzen überall auf der Zunge.
„In der Kindheit bereits wird unser Geschmack geprägt“
Falsch: Prägung ist in der Psychologie als ein unumkehrbarer Zustand klar definiert. Unsere Geschmackspräferenzen und Essgewohnheiten sind jedoch nicht festgeschrieben. Vielmehr können wir sie lebenslang verändern.
Kontakt

Anja RothÖFFENTLICHKEITSARBEIT DEUTSCHLAND
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