“Symbolpolitische Forderungen machen weder nachhaltig schlanker noch gesünder”

Interview mit Martin Delius, Leiter Public Affairs, Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft plant ein Verbot für an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung. Was sind Ihre Hauptkritikpunkte am vorliegenden Gesetzesentwurf?

Martin Delius: Am schwersten wiegt wohl, dass der Gesetzentwurf weit über das Ziel hinausschießt und nicht das regelt, was die Politik vorgibt, regeln zu wollen. Statt das grundsätzlich zu unterstützende Ziel des Koalitionsvertrags zu verfolgen, an Kinder gerichtete Werbung bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige zu regulieren, hätte der Entwurf bei Inkrafttreten ein umfassendes Verbot von Werbung für ganze Produktgruppen und einen Großteil aller Produkte am Markt zur Folge. Ein solches umfassendes Werbeverbot auch für unsere Kategorie ist unverhältnismäßig und sachlich nicht zu rechtfertigen.

Ist das Lebensmittelangebot in Deutschland tatsächlich zu vielfältig, zu süß, zu fettig, zu salzig – also zu ungesund?

Martin Delius: Das Lebensmittelangebot in Deutschland ist vor allem enorm vielfältig und spiegelt die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher. Auch und gerade die Kategorie Erfrischungsgetränke steht dabei in besonderer Weise für Vielfalt und Innovation. Bei ihr ist und bleibt das Angebot im Handel bzw. im Regal nicht zuletzt durch viele neue Produkte innovativ und spannend. Hierbei spielen insbesondere zahlreiche kalorienreduzierte bzw. kalorienfreie Angebote eine immer größere Rolle. Ein Verbot von Werbung für die gesamte Kategorie hätte zur Folge, dass gerade diese Innovationen die Verbraucher nicht mehr erreichen.

Das Ernährungsministerium ruft einerseits dazu auf zuckerhaltige Lebensmittel zu reformulieren, andererseits sollen kalorienfreie Süßstoffe nicht für die Reformulierung genutzt werden dürfen, weil das Ministerium das Ziel ausgerufen hat, den süßen Geschmack als solches zu reduzieren.
Wie bewerten Sie diesen geplanten staatlichen Eingriff mit Blick auf die unterschiedlichen Geschmacksvorlieben der Verbraucherinnen und Verbraucher?

Martin Delius: Süßer Geschmack ist mit Blick auf die Evolution ein klassischer Indikator für die Verträglichkeit von Nahrung und viele Menschen verbinden Süße mit Genuss. Süßer Geschmack ist zugleich ein Merkmal vieler Erfrischungsgetränke. Die Verwendung von Süßstoffen – als kalorienfreie Alternative zu Zucker – bietet die Möglichkeit, die angestrebte Kalorienreduktion bei Erfrischungsgetränken zu erreichen und dennoch geschmacklich abwechslungsreich zu trinken. Damit sind sie eine Alternative im vielfältigen und genussorientierten Getränkesortiment – und sollten auch weiterhin als solche beworben werden dürfen.

Welche Strategien sind aus Ihrer Sicht im Kampf gegen Übergewicht erfolgversprechend – auch mit Blick auf die Ernährungsstrategie, die aktuell ausgearbeitet wird?

Martin Delius: Übergewicht ist in der Regel ein komplexes Phänomen mit multikausalen Ursachen, für dessen Bekämpfung es dementsprechend keine simple Lösung gibt. Symbolpolitische Forderungen oder Maßnahmen machen weder nachhaltig schlanker noch gesünder und lenken von den notwendigen ganzheitlichen Lösungsansätzen ab, die die Faktoren Ernährung, Bewegung und Lebensstil einbeziehen.

 

Über die Kampagne „Geschmäcker sind verschieden“:

Die Plakataktion des Süßstoff-Verbandes ist Teil der Kampagne #geschmaeckersindverschieden. Die Kampagne plädiert für Geschmacksvielfalt, ein großes Lebensmittelangebot sowie die freie Wahl der Verbraucherinnen und Verbrauchern und wendet sich im Umkehrschluss gegen Ernährungsverbote, politische Rezepturvorgaben und ein Geschmacksdiktat. Mit der Kampagne #geschmaeckersindverschieden begleitet der Süßstoff-Verband die aktuelle politische Debatte um Werbeverbote, Ernährungsstrategie und Reduktionsziele.

Mehr Informationen zur Kampagne finden Sie hier:
www.geschmaecker-sind-verschieden.de

Fragen & Antworten

Anja RothÖFFENTLICHKEITSARBEIT DEUTSCHLAND

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