Folge #05: Was genau sind Süßstoffe eigentlich?

Im Gespräch: Ernährungswissenschaftlerin und Süßstoff-Expertin Anja Roth mit Moderatorin Sophie Samrock

In unserem Podcast kamen sie schon des Öfteren zur Sprache – intensiv darüber geredet haben wir aber noch nicht: Süßstoffe! Ernährungswissenschaftlerin und Süßstoff-Expertin Anja Roth taucht heute gemeinsam mit Moderatorin Sophie Samrock etwas tiefer in die Welt der Süßstoffe ein und klärt allgemeine Fragen sowie den ein oder anderen Mythos. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Zahnpasta mit Süßstoff gesüßt wird? Wenn ihr das nicht wusstet habt ihr auf jeden Fall Nachholbedarf. Also: Kopfhörer auf und die neue Folge so! was? süßes. einschalten.

All das erfahrt ihr in der aktuellen Folge unseres neuen Podcasts zu süßer Ernährung.

Viel Spaß beim Hören.

Transkription der Folge:

Sophie Samrock Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge: so! was? süßes. Dem Podcast rund um das Thema süße Ernährung. Mein Name ist Sophie Samrock mit mir im Studio ist heute wieder unsere Ernährungs- und Süße Expertin Anja Roth. Hi Anja.

Anja Roth Hallo Sophie!

Sophie Samrock Anja heute sprechen wir ganz allgemein zum Thema Süßstoffe und zu Beginn würde ich gerne einmal die Frage klären: Was sind Süßstoffe überhaupt?

Anja Roth Süßstoffe sind an sich sind sehr unterschiedliche Produkte, die aber ganz viele Gemeinsamkeiten haben. Also chemisch gesehen sind sie sehr unterschiedlich aber haben eins gemeinsam, nämlich einen süßen Geschmack. Die docken auf der Zunge an die richtigen Geschmacksrezeptoren an und machen den süßen Geschmack. Dann haben sie noch gemeinsam, dass sie keine Kalorien haben. Sie wirken nicht kariogen. Es schadet nicht den Zähnen und sie haben keine Wirkung auf den Blutzucker und entsprechend auf den Insulinspiegel im Blut. Und darüber hinaus sind sie auch alle Zusatzstoffe. Das sind einmal kurz gesagt Süßstoffe.

Anja Roth Süßstoffe sind alle zugelassen und bekommen dann auch eine E-Nummer in der Zulassung zugewiesen. Diese dürfen in ganz Europa dann verwendet werden.

Sophie Samrock Bei dem Thema E-Nummer kam mir der Gedanke: E-Nummer verbinde ich immer mit etwas künstlichem. Das hat so einen negativen Touch. Kannst du dazu was sagen?

Anja Roth E-Nummer heißt: es ist in der EU ein zugelassener Zusatzstoff. Dann gibt es das große E mit einer Nummer dahinter. Als Beispiel könnte man Ascorbinsäure benennen. Das Vitamin C ist beispielsweise hier das E 300 und auch das hat eine E-Nummer. Auch das Beta-Carotin, welches die Vorstufe von Vitamin A ist, das ist das E 160 A. E-Nummern heißt eigentlich nur zugelassener Zusatzstoff.

Sophie Samrock Das heißt, es können auch ganz natürliche Stoffe sein, die in der Natur vorkommen. E bedeutet also nicht immer gleich künstlich.

Anja Roth Nein, absolut. Das können natürliche Stoffe sein.

Sophie Samrock Okay, gut. Es kennen sicher schon einige ein paar Süßstoffe, aus der täglichen Verwendung. Aber vielleicht können wir trotzdem ein paar aufzählen, die besonders häufig vorkommen und eben auch kurz erklären, wo diese Süßstoffe vorkommen, und in welchen Produkten diese vorhanden sind?

Anja Roth Die klassischen Süßstoffe, die jeder kennt, sind Saccharin und Cyclamat. Diese sind schon sehr alt und es ist über 100 Jahre her, dass diese Stoffe entdeckt und verwendet wurden. Beiden tauchen immer in Kombination auf, weil das Saccharin einen leichten metallischen und bitteren Geschmack hat, wenn man es ganz allein verwendet würde. Sobald man das Cyclamat hinzugibt, wird es einfach ein viel süßerer Geschmack.

Sophie Samrock Und in welchen Produkten zum Beispiel?

Anja Roth Häufig sind diese in Süßstofftabletten enthalten, die Du in deinen Kaffee oder Tee rein machst. Das sind häufig diese klassischen Kombinationen. Was wir alle kennen sind Light-Getränke, also viele Softdrinks. Und da wird am allerliebsten Aspartam oder eine Mischung aus Aspartam und Acesulfam-K eingesetzt. Da beide Süßstoffe ein sehr gutes „Süß-Profil“ ergeben und geschmacklich sehr gut zu den Getränken passen.

Sophie Samrock Okay, was mir noch in den Sinn kommt als ein besonders bekannter Süßstoff ist Stevia. Kannst du dazu was sagen? Oft wird Stevia als ein natürlicher Süßstoff verkauft, mit den grünen Blättern auf den Verpackungen.

Anja Roth Genau, Stevia ist eine Pflanze, die Stevia rebaudiana. Was wir als Süßstoff benutzen sind die Steviolglycosiden. Das heißt, es sind Auszüge aus dieser Pflanze, die die Süße enthalten. Als Süßstoff zugelassen sind die Steviolglycosiden.

Sophie Samrock Das heißt, wir verwenden eigentlich immer einen falschen Begriff. Umgangssprachlich ist es Stevia.

Anja Roth Genau, richtig. Das hat sich eingebürgert. Im Grunde sind es die Steviolglycosiden, die man extrahiert hat. Es ist nicht die Pflanze selbst, sondern aus der Pflanze entnommen. Die Pflanze an sich ist zum Süßen in der EU nicht zugelassen.

Sophie Samrock Okay, das heißt Stevia hat eine natürliche Verpackung, ist aber genauso künstlich in Anführungszeichen hergestellt wie andere Süßstoffe?

Anja Roth Das würde ich jetzt nicht sagen. Es hat schon einen natürlichen Ursprung, weil es aus der Pflanze extrahiert wird. Die anderen Süßstoffe kommen nicht unbedingt aus der Pflanze. Also da gibt es Ausnahmen wie beispielsweise Thaumatin, was viele noch nie gehört haben, da es selten verwendet wird. Wird auch als Geschmacks-Abrunder noch zusätzlich zum Cyclamat und Saccharin mit in einem Produkt dazugegeben. Das Thaumatin kommt auch aus einer westafrikanischen Katamfe-Frucht.

Sophie Samrock Okay, wie ist es denn bei Aspartam, weil das häufig als besonders künstlicher Süßstoff? Kannst du da was zur Zusammensetzung oder zur Herkunft sagen?

Anja Roth Aspartam wird synthetisch hergestellt und wird nicht aus einer Pflanze gewonnen. Letztendlich ist es ein Eiweiß, das aus verschiedenen Bausteinen besteht. Und genauso wird es im Körper verstoffwechselt,

Sophie Samrock Eiweiß wie es auch in natürlichen Produkten enthalten.

Anja Roth Genau aus Bausteinen, die in natürlichen Produkten enthalten sind.

Sophie Samrock Also wird Süßstoffen Unrecht getan, wenn man sagt, dass sie durchweg künstlich sind, so wie es häufig propagiert wird?

Anja Roth Das kann man so sagen. Aber künstlich muss ja auch nicht schlecht sein.

Sophie Samrock Natürlich, es gibt auch viele andere künstliche Stoffe, die uns nicht schaden, sondern eher nutzen.

 Anja Roth Und es gibt viele natürliche Stoffe, die sehr gefährlich sind.

Sophie Samrock Zu diesen ganzen Mythen rund um das Thema Süßstoffe kommen wir auch noch mal in einer extra Folge. Es gibt noch andere Süßungsmittel, die häufig mit Süßstoff verwechselt werden. Nämlich die Zuckeraustauschstoffe, beispielsweise Xylit oder Erythrit. Es sind nicht dieselben Süßstoffe, aber sie werden häufig verwechselt. Kannst du erklären, woran das liegt oder vielleicht auch, worin sie sich unterscheiden?

Anja Roth Ja, die werden in der Tat häufig verwechselt. Für Lebensmittel ist der Oberbegriff Süßungsmittel, rein rechtlich gesehen. Darunter fallen eben die Süß- und Zuckeraustauschstoffe. Das sind zwei verschiedene Produktkategorien, die leider so zusammengefasst werden und deswegen manchmal zu Verwirrung führen. Die Zuckeraustauschstoffe unterscheiden sich allerdings von den Süßstoffen. Ich erkläre erst mal, was Süßstoffe sind. Süßstoffe zeichnen sich dadurch aus, dass diese extrem süß sind.  Also die docken an Rezeptoren auf der Zunge an, was diese Süße auslöst.

Sophie Samrock Wenn ich das vergleiche mit Zucker, hast du da vielleicht auch Zahlen?

Anja Roth Ja, das kann von 40-fache Süßkraft bis zu 30 Tausendfacher Süßkraft gehen. Das sind dann allerdings extreme Werte. Daher nehme ich auch sehr geringe Mengen Süßstoff.

Sophie Samrock Hast du da auch einen Vergleich? Wenn ich jetzt zum Beispiel sage, ich süße meinen Kaffee mit einem Zucker mit einem Würfelzucker, wie müsste ich dann von dem Süßstoff nehmen, um das gleiche Verhältnis zu haben?

Anja Roth Ja klar, das ist normalerweise vom Hersteller so dosiert, dass eine Süßstoff-Tablette so süß ist wie ein Stück Würfelzucker. Das kann man sich gut merken, dass das Verhältnis 1:1 ist. Wenn wir uns jetzt die Zuckeraustauschstoffe ansehen, dann sind die maximal so süß wie Zucker. Manchmal sogar noch ein bisschen weniger süß. Die können bei Weitem nicht an diese Süße heranreichen. Was Süßstoffe natürlich ausmacht ist, dass sie keine Kalorien enthalten.

Anja Roth Da ich diese geringen Mengen davon einsetze, habe ich keine Kalorien im Produkt oder sehr wenige. Man spricht dann von „praktisch ohne Kalorien“.

Sophie Samrock Das kennt man ja auch. Wenn man ein Softdrink hat, steht manchmal drauf, dass 500 Milliliter eine Kalorie haben.

Anja Roth Das kann man eigentlich nicht mitzählen. Alle anderen haben eben keine Kalorien. Das heißt, wir haben also die Kalorien-freie-Süße. Bei Zuckeraustauschstoffen ist wiederum ein bisschen anders. Zuckeraustauschstoffe haben halb so viel Kalorien wie Zucker, also 2,4 Kalorien pro Gramm. Das Erythrit ist eine Ausnahme und darf mit 0 Kalorien pro Gramm werben, weil es anders verstoffwechselt wird.
Eine Gemeinsamkeit haben Sie auf jeden Fall. Nämlich, dass sie den Zähnen nicht schaden. Also weder Süßstoffe noch Zuckeraustauschstoffe enthalten Kohlenhydrate, die Bakterien im Mund dazu bringen, da Säure zu bilden und Karies nachher zu fördern. Dann haben wir noch den Punkt, dass sie den Blutzuckerspiegel nicht beeinflussen. Das bedeutet, dass es einmal auf der Zunge süß ist und dann passiert nichts mehr im Körper. Dann kommen wir auch zu einem Unterschied zwischen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen nämlich das, was im Verdauungstrakt passiert. Die Süßstoffe haben keinen Einfluss. Wenn ich von Zuckeraustauschstoffen zu viel nehme, kann es passieren, dass ich Probleme bekommen mit meiner Verdauung bekomme.

Sophie Samrock Deswegen steht manchmal auf Bonbons oder Kaugummis: bei übermäßigem Verzehr können sie abführend wirken.

Anja Roth Genau. Sobald eine bestimmte Menge an Zuckeraustauschstoffe enthalten ist, muss das draufstehen. Häufig werden Süßstoffe mit Zuckeraustauschstoffen kombiniert, weil Süßstoffe kein Volumen bringen können.  Ah ja.

Sophie Samrock Das heißt zum Backen?

Anja Roth Vor allen Dingen beim Backen. Da können wir das Volumen mit Mehl ausgleichen. Aber wenn du zum Beispiel ein Bonbon machen willst, das Zuckerfrei ist und die Zähne schonen soll kannst du Zuckeraustauschstoffe kaufen.

Sophie Samrock Ja, beim Drogeriemarkt kann man die kaufen.

Anja Roth Genau, das kann man da kaufen. Und man sieht, es schaut aus wie Zucker.  Daraus kann ich super ein Bonbon machen. Und da Zuckeraustauschstoffe nicht so süß sind, kann ich dann super mit Süßstoff das Ganze süßen. Das heißt, ich habe also zwei Produkte, die ich da zusammenbringe und beide sind „Zahnfreundlich“.

Sophie Samrock Ja, interessant. Es ist gut, wenn man weiß, worin sich Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe unterscheiden. Wo wir jetzt gerade schon beim Thema Produkte und Etiketten sind: Wie kann ich denn als Verbraucher erkennen, ob in meinem Produkt Süßstoffe enthalten sind?

Anja Roth Also das muss draufstehen. Wenn Süßstoffe im Produkt enthalten sind, steht auf dem Etikett: Süßungsmittel, Doppelpunkt und dann eben das, was da verwendet wurde. Also ob ein Süßstoff oder ein Zuckeraustauschstoff. Manchmal steht auch drauf „mit Süßstoff“. Aber es muss auf jeden Fall in der Zutatenliste klar erkenntlich sein. Das muss mit im Zutaten-Verzeichnis stehen.

Sophie Samrock Da steht dann auch wirklich zum Beispiel Aspartam oder Saccharin.

Anja Roth Genau da steht entweder der Name oder die E-Nummer. Manchmal auch beides. Aber eins von beidem würde reichen.

Sophie Samrock Ich kenne das selber, wenn man nach Süßstoff sucht, sind die meistens relativ weit am Ende. Das bedeutet dann, dass wenig davon im Produkt enthalten ist.

Anja Roth Ja, ganz genau so sind die Zutaten-Verzeichnisse immer aufgebaut. Ganz am Anfang steht das, was am meisten drin ist und am Ende steht das, was am wenigsten drin ist. Und die Süßstoffe tummeln sich immer ziemlich am Ende der Schlange.

Sophie Samrock Es gibt so ein paar Verdächtige, die immer recht weit vorne stehen, aber die Süßstoffe findet man da meistens nicht. Ich glaube, es gibt auch so gewisse Aufschriften auf Produkten, wo man schon hellhörig werden könnte, dass Süßstoffe enthalten sein könnten, zum Beispiel weniger Zucker oder zuckerfrei.

Anja Roth Ja, wobei weniger Zucker kann auch wirklich sein. Da ist weniger Zucker drin. Man muss dann schon ein bisschen genauer hingucken, da es nur wenige Begriffe gibt, die geschützt sind. Wo Light draufsteht, müssen auch entsprechend weniger Kalorien verzeichnet sein. Das kann aber aufs Fett bezogen sein oder auf den Zucker bezogen sein. Aber bei „Zero“ Getränken ist das jetzt durchgängig so. Bei Bonbons und Kaugummis erkennt man es auf jeden Fall an dem „Zahnfreundlich“. Und ansonsten muss man halt wirklich hinschauen, was auf den Etiketten steht.

Sophie Samrock Ja, es tummelt sich sehr viel. Da lassen sich Verpackungs-Designer ja auch immer sehr viel einfallen. Aber ich glaube, wie manche Verbraucher annehmen, dass sie da getäuscht werden, dass statt Zucker Süßstoffe drin sind. Das ist eigentlich nicht der Fall, wenn man selber richtig hinschaut und das prüft.

Anja Roth Genau. Also wie gesagt, es wird eigentlic immer transparent dargestellt. Und klar, man muss natürlich hingucken. Sollte man aber eigentlich beim Einkaufen. Das das schadet nicht.

Sophie Samrock Wir haben wir schon viel über die Unterschiede von Süßstoff und Zuckeraustauschstoffen gesprochen, aber Süßstoffe unterscheiden sich untereinander auch so ein bisschen. Kannst du dazu auch noch mal was sagen?

Anja Roth Ja, also die sind natürlich wirklich unterschiedlich süß. Also von der „Süß-Intensität“ ist das ganz unterschiedlich. Ich sagte eben schon, es gibt welche die vielleicht nur 40-fach süßer sind – andere die bis zu 30000-fach. Also da hat man verschiedene Möglichkeiten erstmal zu gucken, wie intensiv ist dann Süßstoff? Und dann kommt natürlich dazu, dass man eventuell auch den einen oder anderen Geschmack hat.

Sophie Samrock Ah ja, okay, das heißt nicht alle sind Geschmacks frei.

Anja Roth Sie sind nicht unbedingt frei von Geschmack. Manchmal hat man auch einen bestimmten Nachgeschmack. Es kann sein, dass ein Süßstoff eine ganz langanhaltende Süße im Mund macht. Das wäre zum Beispiel super für ein Bonbon. Aber stell dir vor, du trinkst ein Getränk und es bleibt die ganze Nacht. Das möchte man nicht. Da möchte eher man eine kurze Süße vielleicht haben. Auch da gibt es Unterschiede. Also wie lange hält dieses Gefühl überhaupt an und wie ist der Geschmack. Also das ist ja so was, wenn es Stevia immer so ein bisschen nachhängt, wo die einen sagen „Hey, das ist ja bitter oder das schmeckt nach Lakritz“. Also ich habe da auch so die Erfahrung mit gemacht. Wenn ich Menschen frage, „wie wie schmeckt euch das?“ Dann gibt es immer die einen, die sagen das geht gar nicht. Die anderen sagen „Ich kann mich dran gewöhnen und ich finde es lecker.“ Ist halt individuell wirklich total unterschiedlich. Und dann hatte ich ja eben schon gesagt, dass das bei Saccharin ähnlich ist. Auch wenn man es allein nutzt, schmeckt das nicht und hat einen Nachgeschmack. Aber man kann es eben durch Kombination ändern. Aber letztendlich müssen wir immer daran denken, wir wollen nicht, dass einfach nur was süß schmeckt. Sondern wir wollen am allerliebsten, dass es schmeckt wie Zucker. Ja, das ist eigentlich so unser Ziel. Und wenn man jetzt mal so überlegt, wie Zucker schmeckt, dann schmeckt er nicht einfach nur süß.

Sophie Samrock Er unterstützt ja meistens den Geschmack, oder? Gut, das verwechselt man vielleicht mit Fett oder mit Butter, wenn man das kennt. Jeder beim Backen. Je mehr Butter, desto besser schmeckt’s ja. Kann man das so vergleichen?

Anja Roth Ja, ich glaube schon. Der Zucker hat schon einen eigenen süßen Geschmack. Honig ist auch süß, aber Honig schmeckt komplett anders.

Sophie Samrock Stimmt ja dann auch wieder. Agavendicksaft, Ahornsirup schmeckt alles unterschiedlich.

Anja Roth Das ist ja alles süß. Aber schmeckt alles anders. Kann auch mal schön sein, aber es ist halt nicht einfach dieser süße Geschmack. Und deswegen kombiniert man Süßstoffe eben auch ganz gerne. Wenn ich Süßstoffe kombiniere, also wenn ich anstatt nur Aspartam in einer Limonade einen anderen Süßstoff dazu nehme, dann spricht man von der synergistischen Wirkung. Das heißt, da ist nicht eins plus eins gleich zwei, sondern eins plus eins ist dann vielleicht vier oder fünf. Also die ergänzen sich wirklich so miteinander, dass der süße Geschmack einfach noch viel, viel besser wird. Also die Intensität wird besser. Also durch solche Kombination kann man mit den Einsatzmengen im Produkt deutlich runtergehen, so dass man wirklich sagen kann „Jetzt kann ich viel weniger Süßstoff einsetzen und habe trotzdem besseren Effekt.“

Sophie Samrock Gibt es da eine Regel, wie viel Süßstoff eingesetzt werden darf? Gibt es da eine Maßeinheit, die man nutzt?

Anja Roth Nein. Es gibt eine Höchstmengenverordnung im Lebensmittelrecht. Da wird bei der Zulassung festgelegt, wie viel von einem Süßstoff in einem Produkt über und in welchem Produkt und wie viel in dem Produkt eingesetzt werden darf. Das heißt also, es gibt erstmal diese gesetzliche Höchstmenge. Und dann guckt man natürlich als Hersteller, als Produzent von Produkten natürlich. Wie viel brauche ich denn dann letztendlich wirklich? Dann kann ich meine Rezepturen natürlich machen, aber ich darf halt nicht. Diese Höchstmenge darf ich nicht überschreiten.

Sophie Samrock Alles klar. Das heißt, man kann sich als Verbraucher eigentlich immer sicher sein, dass da keine Höchstmenge überschritten werden, d da gewisse Regeln gibt. Unterscheiden die sich denn, wenn ich jetzt zum Beispiel an die USA denke, wenn ich da einen Softdrink trinke, kommt er mir oft deutlich süßer vor als hier in Deutschland. Ist das mit dem Süßstoff auch so, dass da diese Höchstmenge sich unterscheidet?

Anja Roth Also die Grenzen sind ähnlich, weil die Werte eben weltweit festgesetzt werden. Das ist auch noch mal wieder so einen anderen Begriff machen wir am besten auch noch mal eine extra Sendung zu. Aber ich denke schon, dass egal wo du Urlaub machst, egal wo du bist, immer Produkte finden wirst, die anders schmecken als zu Hause. Weil also gerade auch was das Süße angeht, auch im asiatischen Raum
mehr schmeckt dann doch anders. Oder auch eben weniger süß, je nachdem wo man halt ist. Und ich, ich habe sogar mal gehört, oder ich habe das mal so eine Diskussion darüber gehört, dass sogar die Würfelzucker größer sind.

Sophie Samrock Wir haben ja schon ein bisschen drüber gesprochen, in welchen Produkten wir die Süßstoffe finden. Warum braucht man denn jetzt in der EU Elf zugelassene Süßstoff? Warum so viele verschiedene?

Anja Roth Ja, wie gesagt, weil die eben auch sehr unterschiedlich sind in  ihrem Süß-Profil. Die verhalten sich auch unterschiedlich, vielleicht in dem Milieu. Das heißt also vielleicht in einem Joghurt, ganz anders als in Kohlensäurehaltigen Softdrink. Das sind auch noch mal so Aspekte, die da rein zählen, klar. Manche sind auch sehr speziell, wie das Neohesperidin D. Also das ist zum Beispiel so was in der Zahncreme zu finden ist.

Sophie Samrock Ja, interessant. Vielleicht kannst du zum Schluss noch mal sagen, was du als den größten Nutzen von Süßstoff siehst. Wir haben jetzt schon viel über die Vorteile gesprochen, aber so allgemein der größte Nutzen für dich.

Anja Roth Ja, ich bin ein absoluter Fan von Süßstoff, süßen Getränken. Ich denke wirklich, auch wenn ich so mal gucke, meine Klientel, meine Ernährungsberatung Praxis. Da ist es schon, wenn es um Übergewicht geht. Wirklich gerade das Potenzial in der Energie, Reduktion in Getränken das allergrößte. Also statt einem normalen Cola oder Limonaden Getränk die Light Variante zu nehmen oder die Zero Variante halte ich eigentlich für eine gute Idee.

Sophie Samrock Ja, das stimmt. Gut, also ich glaube, wir haben einen sehr guten Überblick über Süßstoffe und auch den Unterschied zu Zuckeraustauschstoffen bekommen. Ich fasse noch mal kurz zusammen, was wir jetzt in dieser Folge von Anja gelernt haben. Und dann gucken wir mal, was die nächsten Folgen noch so bringen. Wir haben schon einige Themen angerissen, die werden wir auf jeden Fall noch vertiefen, gerade wenn es um die Mythen und Irrtümer rund um Süßstoffe geht. Und genau jetzt kommt noch mal kurz unser kleiner Faktencheck

Sophie Samrock Also wir haben gelernt, es gibt elf Süßstoffe, die in der EU zugelassen sind. Sind auch alle sicher. Es gibt Süßstoffe schon seit sehr, sehr vielen Jahren. Seit fast 130 Jahren. Der erste Süßstoff Saccharin. Und sie haben alle gemeinsam, dass sie süß schmecken und dass sie die gleichen Rezeptoren auf unserer Zunge aktivieren. Sie sind alle Kalorien frei oder praktisch Kalorien frei. Darüber haben wir auch gesprochen und sie lassen den Blutzuckerspiegel nicht ansteigen. Außerdem sind sie nicht kariogen. Das heißt, sie greifen unsere Zähne nicht an, weshalb sie zum Beispiel auch in Zahnpasta verwendet werden können. Und es gibt natürlich auch unter den Süßstoff einige Unterschiede. Deswegen gibt es auch so viele verschiedene. Die unterscheiden sich sowohl in ihrer süße Intensität als auch beim Gefühl im Mund. Natürlich in ihrem Geschmack. Und deswegen ist es auch so, dass es eben Süßstoff Kombinationen gibt, die zusammen besser funktionieren als allein. Habe ich noch irgendwas vergessen? Möchtest du noch was ergänzen?

Anja Roth Ich würde sagen nahezu perfekt. Wunderbar.

Sophie Samrock Dann hoffe ich, ihr seid jetzt auch schon richtige Süßstoff Experten und werdet im Laufe unseres Podcasts auch noch weiter. Wir haben auch ganz viele spannende Gäste, die in den nächsten Folgen uns unterstützen und ihr Wissen rund um Ernährung und Süßstoffe preisgeben. Und ja, dann vielen Dank an dich, Anja, dass du mir hier Rede und Antwort gestanden hast. Rund um das Thema Süßstoff wollen uns einen kleinen Einblick erst mal gegeben hast für den Beginn und dann freue ich mich schon auf die nächste Folge.

Anja Roth  Ja, ich freue mich auch. Hat mir viel Spaß gemacht. Tschüss und bis zum nächsten Mal. Bis bald.